Ingeborg baute das Schloss, das Ejnars märchenhaftes Zuhause wurde
Voergaard Slot (Deutsch: Schloss Voergaard) in Vendsyssel steht noch genauso da, wie es im 16. Jahrhundert erbaut wurde. Heute kann man das Herrenhaus besichtigen, das Graf Ejnar Oberbech-Clausen in den 50er Jahren gestaltete, nachdem ihn sein abenteuerlicher Lebensweg von ärmlichen Verhältnissen auf Fünen zu großem Reichtum im französischen Bordeaux geführt hatte
Wenige Autominuten von Østvendsyssels sanften, kinderfreundlichen Stränden thront Voergaard heute noch wie vor mehr als 430 Jahren. Von außen sieht das Schloss genauso aus wie an dem Tag im Jahr 1591, an dem die Adelige Ingeborg Scheel das Schloss bezog – und laut der Legende auch den Baumeister in den Burggraben stieß. So sparte sie sich die Bezahlung und stellte außerdem sicher, dass er nichts Vergleichbares bauen konnte.
Ingeborg Scheel stammte aus einer angesehenen Adelsfamilie und beschloss als kinderlose Witwe – in Ermangelung direkter Erben – das Schloss zu ihrem Vermächtnis zu machen. Das Schloss wurde ein Prachtbau mit zahlreichen Sandsteinfiguren und einem Tor, das ursprünglich für Schloss Frederiksborg bestimmt war.
Ingeborg hatte das Geld. Sie hatte sowohl von ihrem Mann als auch von ihrer Mutter geerbt und herrschte über große Teile von Vendsyssel mit 300 Höfen und 17 Kirchengemeinden. Hinzu kamen Wassermühlen, Glashütten und ein intensiver Handel, sodass ihr Vermögen bis zu ihrem Tod im Jahr 1604 stetig wuchs.
Ein schönes Andenken hat sie jedoch nicht hinterlassen. Sie blieb als harte Bauernschinderin in Erinnerung und fand kaum Frieden. Auf jeden Fall geistert sie nachts immer noch durchs Schloss – und vielleicht auch tagsüber. Wenn du Voergaard Slot einen Besuch abstattest, kannst du ihr mit etwas Glück (oder Pech) begegnen.
Das Schloss durchlebte nach Ingeborgs Tod turbulente Epochen, doch 1955 begann eine neue Blütezeit. Graf Ejnar Oberbech-Clausen kehrte nach 50 aufregenden Jahren in Frankreich nach Dänemark zurück und füllte Voergaard mit einer enormen Sammlung aus hauptsächlich französischer Kunst. Heute ist die Einrichtung noch so erhalten, wie er sie gestaltet hat.
Graf Ejnar war der Sohn eines Försters aus Fünen und reiste als junger Mann nach Frankreich, um eine Kaufmannslehre zu machen. Er wurde vom Graf Chenu-Laffite eingestellt, der drei Weingüter betrieb. Der Graf starb jung, Ejnar heiratete ein paar Jahre später dessen Witwe und gemeinsam machte das Paar ein Vermögen mit Wein und Immobilieninvestitionen.
Nachdem die Gräfin im Zweiten Weltkrieg gestorben war, beschloss Oberbech-Clausen, seinen Lebensabend in Dänemark zu verbringen. Dies war Voergaards großes Glück. Er vermachte das Schloss einer Familienstiftung, die den Besitz auch heute noch verwaltet.
Voergaard Slot öffnet von Ostern bis zu den Herbstferien täglich für Führungen, in der Nebensaison jedoch nicht jeden Tag. Man kann außerdem das Verlies Rosedonten besichtigen oder einen Spaziergang im schönen großen Schlosspark machen. In KW 29 erwacht der gesamte Park anlässlich der mittelalterlichen Tage zum Leben, und in der Vorweihnachtszeit versprüht das Schloss dank eines Weihnachtsmarkts und hübsch geschmückter Räume eine feierliche Stimmung.
2023 findet in der Reithalle von Voergaard Slot außerdem eine Sonderausstellung statt: Jim Lyngvild hat die russischen und französischen Kronjuwelen nachgebildet und inszeniert sie mit Fokus auf ihre starken Trägerinnen, deren Herkunft und Geschichte.
Voergaard Slot wurde 2018 in einer Abstimmung des Interessenverbands Historiske Huse zu Dänemarks schönstem Herrenhaus gewählt. Bei der Abstimmung standen 17 dänische Herrenhäuser zur Auswahl, für die insgesamt rund 10.000 Stimmen abgegeben wurden. Voergaard Slot gewann mit einem knappen Vorsprung. Zwischen dem ersten und zweiten Platz lagen nur 30 Stimmen. Den zweiten Platz belegte Lynderupgård bei Viborg, den dritten Platz Ledreborg am Rand von Roskilde.
Wenn du mehr über Voergaard wissen möchtest, gab es bei dem dänischen Fernsehsender TV2Nord vor ein paar Jahren einen größeren Beitrag namens „Das Vermächtnis von Onkel Ejnar“.
https://www.tv2nord.dk/tv2-nord-dokumentar/voergaard-slot-arven-efter-onkel-ejnar