Es werden ständig neue Schätze angespült

An den dänischen Küsten nach Bernstein zu suchen ist ein großes Erlebnis. Ein oder zwei Stücke zu finden ist aber auch nicht schlecht, räumt Anders Leth Damgaard, Vorsitzender des Dänischen Bernsteinclubs, ein. Er bringt uns in diesem Artikel das „Gold des Nordens“ näher

Nach Bernstein zu suchen ist ein großes Erlebnis

„Man kann überall in Dänemark Bernstein finden. Basta! Aber manche Orte sind natürlich besser als andere.“
Sagt Anders Leth Damgaard, Vorsitzender des Dänischen Bernsteinclubs, selbst ein erfahrener Bernsteinsammler und einer der größten Bernsteinkenner Dänemarks.
An Stränden großer und offener Meere wird am meisten Bernstein angespült.
„Die Nordseestrände zählen absolut und zweifellos zu den besten Orten. Der Salzgehalt des Wassers ist dort nämlich höher, deshalb schwimmt der Bernstein besser. Und es gibt dort starke Stürme, die wirklich den Meeresboden aufwirbeln und Bernstein freilegen können“, erzählt er.

Aber auch an der Ostküste Jütlands, auf Fünen und auf Seeland gibt es gute Fundorte. Dort sind die Bernsteinstücke jedoch meistens kleiner als an der Nordseeküste.

„Meiner Meinung nach ist bei der Bernsteinsuche das große Naturerlebnis genauso wichtig wie die Suche an sich. Zum Beispiel wenn du den Sonnenaufgang miterlebst oder spätabends die Sterne siehst und die Wellen hörst. Das Tolle bei der Bernsteinsuche sind all die Dinge, die dich den Alltag vergessen lassen“, sagt er und ergänzt:

„Es ist fantastisch, dass man in Dänemark immer wieder am selben Strand auf Schatzsuche gehen kann – weil ständig neue Schätze angespült werden. Der Traum eines jeden Seeräubers. Ein Geschenk, an dem man immer wieder Freude hat. Das ist das Unglaubliche am Bernstein“, erläutert er.

Hochsaison für die Bernsteinsuche ist dann, wenn es oft stürmt und das Wasser kalt ist. Bernstein schwimmt nämlich in kaltem Wasser am besten. Die Bernsteinsaison beginnt mit dem ersten starken Herbststurm und endet in der Regel Mitte April. Im Sommer findet man nicht so viele Bernsteinstücke, da bei stillem und schönem Wetter weniger angespült wird.

Davon soll man sich aber nicht aufhalten lassen, meint Anders Leth Damgaard. Man kann auch dann einige kleine Stücke finden.

Mehrere Faktoren beeinflussen, ob man bei der Bernsteinsuche Glück hat. Man muss zum richtigen Zeitpunkt am Strand sein und an den richtigen Stellen suchen.

Ein guter Zeitpunkt ist nach einem Sturm. Die Faustregel besagt, dass man am ehesten Bernstein finden kann, wenn sich das Hochwasser nach einem Sturm zum zweiten Mal zurückzieht.

„Bernstein wird aber auch mit dem ersten und mit dem dritten Hochwasser angespült“, erklärt Anders Leth Damgaard und entkräftet die Faustregel ein wenig.

Es ist fast wichtiger, dass man an den richtigen Stellen sucht. Bernstein lagert sich nicht zusammen mit Steinen direkt an der Wasserkante ab. Bernstein ist leichter als Steine und wird in der Regel zusammen mit Materialien mit einer ähnlichen Dichte weiter auf den Strand gespült.

Das „Gold“ ist daher oft in Klumpen aus Tang, Krabbenresten, Holzstücken und toten Fischen etwas weiter auf dem Strand versteckt.

Nach Einbruch der Dunkelheit sieht man oft Bernsteinsucher am Strand. Viele von ihnen haben sich nämlich eine Bernsteinlampe mit UV-Licht zugelegt, das Bernstein aufleuchten lässt.

„Manche finden, dass diese Bernsteinsucher ein wenig schummeln. Die Bernsteinlampe ist aber nicht mehr als ein modernes Hilfsmittel. Um Bernstein zu finden, muss man immer noch ein tüchtiger Bernsteinsucher sein. Das Handwerk an sich hat sich nicht verändert. Man muss den Wind, das Wetter und den Strand im Griff haben“, sagt er.

Anders Leth Damgaard liebt es, nach Bernstein zu suchen. Die Geschichten, die sich manchmal im Bernstein verstecken, faszinieren ihn aber noch mehr.

Ab und zu taucht ein Bernsteinstück mit einem Insekt auf, das vor 34–48 Millionen Jahren einen schlechten Tag erwischt hatte und in klebrigem Harz verendete, das später zu Bernstein wurde.

„Diese Bernsteinstücke sind ein Fenster in die Vergangenheit. Eine Augenblicksaufnahme von damals“, beschreibt Anders Leth Damgaard.

„Nahezu alle Lebewesen des Urwalds kann man in irgendeiner Form in Bernstein wiederfinden. Man hat aber in Baltischem Bernstein – dem Bernstein, den man in Dänemark findet – noch keine Säugetiere gefunden. Unzählige verschiedene Insekten, Blumen, Schnecken, Eidechsen, Skorpione, ja sogar schon öfters Säugetierhaare – aber keine anderen Überreste von Säugetieren. Eines Tages finden wir vielleicht eine kleine Maus. Darauf freue ich mich sehr“, erzählt er.

Die meisten Menschen, die schon einmal nach Bernstein gesucht haben, haben früher oder später einen kleinen gelben Klumpen in der Hand gehalten. Aber ist der Klumpen nur ein Stein, oder doch ein Stück Bernstein?

Das kann man auf unterschiedliche Weise herausfinden, erläutert Anders Leth Damgaard.

Am einfachsten ist es, das Stück gegen das Licht zu halten. Bernstein ist oft in irgendeiner Form transparent. Man kann auch einen Stein nehmen, der in etwa so groß wie das kleine Stück „Bernstein“ ist. Ist der Stein schwerer, hat man wahrscheinlich ein Stück Bernstein gefunden.

„Man kann auch den Bernstein gegen die Hose reiben, bis er warm wird. Dann riecht er nach Kiefernholz“, ergänzt Anders Leth Damgaard.

Bernstein leuchtet auch in UV-Licht auf und schwimmt in einer 16-prozentigen Salzwasserlösung an der Oberfläche. Es gibt zahlreiche Methoden. Anders Leth Damgaard empfiehlt, dass du dich an einen Experten wendest, falls du dennoch im Zweifel bist, ob es sich bei deinem Stein um Bernstein handelt.

Sein bester Rat für Bernsteinsucher ist, nicht zu verbissen und nicht an allen möglichen Stränden zu suchen.

„Finde deinen eigenen Strandabschnitt, lerne ihn kennen und glaube an ihn. Hat der Strandabschnitt eine gute Lage, hast du gute Möglichkeiten. Gehe einige Kilometer spazieren, und gehe nicht nur des Bernsteins wegen. Gehe, um die Natur zu erleben!“